Kurz vor Weihnachten ist Manfred Heusers Buch „Zeitbombe Welthunger“ erschienen. Und ich habe es zwischen den Jahren gelesen. Ausgerechnet zwischen Spekulatius, Stollen und Sternen aus Zimt, zwischen Einladungen zum Feiern â und vor allem, zum Essen, Essen und noch mehr Essen, war dieses Buch, das von MassengrĂ€bern und vom Exodus von Millionen Menschen handelt, die gestorben sind oder sich auf Wanderschaft begeben mĂŒssen, weil sie nichts mehr zu essen haben, wirklich schwere Kost!
Weltweit hungern nach SchĂ€tzung der Vereinten Nationen 815 Millionen Menschen. WĂ€hrend die Zahlen seit 1990 kontinuierlich zurĂŒckgingen, sind sie in 2017 wieder angestiegen. Ăber 800 Millionen Menschen haben nicht genug zu essen â und das in einer Zeit, in der es mehr Nahrungsmittel gibt als je zuvor.
Die groĂe Mehrheit der Hungernden (98%) lebt in den EntwicklungslĂ€ndern. WĂ€hrend alleine in Deutschland 18 Millionen Tonnen Nahrungsmittel jedes Jahr weggeworfen und vernichtet werden, weil wir hier zu viel haben, sieht man hungernde und bettelnde Menschen in allen LĂ€ndern des globalen SĂŒdens. Und sie werden immer mehr.
Konsumrausch und WegwerfmentalitĂ€t im globalen Norden, Mangel und Notstand im globalen SĂŒden.
Warum mĂŒssen Menschen in einer reichen Welt hungern? Diese Frage stellt sich Manfred Heuser in seinem Buch und geht den Ursachen und Auswirkungen des Welthungers nach. Ursachen fĂŒr die Nahrungsmisere gibt es viele. Diese reichen vom Klimawandel ĂŒber Kriege und Bevölkerungswachstum bis hin zu Landgrabbing. Auch die Globalisierung treibt den Hunger voran. Die Industrialisierung der Nahrung sowie die weltweiten Produktions- und Vertriebsketten haben zu neuen Problemen gefĂŒhrt, wie etwa StickstoffsĂ€ttigung der Böden und verseuchte GrundgewĂ€sser. Ferner bestimmt eine gleichgeschaltete Werbung, was heute in der Welt gegessen wird. So Ă€ndern sich ĂŒberall die Essgewohnheiten â weg von einer ballaststoffreichen pflanzlichen ErnĂ€hrung hin zu einem zunehmenden Verzehr von tierischen Produkten. Ăberall auf der Welt findet man mittlerweile in GroĂstĂ€dten dieselben bekannten Fast-Food-Marken.
Gleichzeitig diskutiert der Autor mögliche Lösungen, wie der Hunger aus der Welt geschafft werden könnte. Die LĂ€nder der Welt haben 2015 gemeinsam beschlossen, bis 2030 den Hunger in der Welt zu beenden und die Armut zu verringern. (SDG 1) DafĂŒr ist ein Umdenken im Welthandelssystem nötig. Doch auch in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit muss sich etwas Ă€ndern. Der Autor sieht auch Mikrokredite oder Fair Trade nicht nur positiv. âSie stammen ⊠aus dem Werkzeugkasten des kapitalistischen Systemsâ, schreibt er, und sie haben nicht selten negative Auswirkungen fĂŒr die Menschen in den EntwicklungslĂ€ndern. Die Lösung sieht er in der Selbstversorgung und in einer EinschrĂ€nkung der weltweiten PersonenfreizĂŒgigkeit. âWenn eine Wanderbevölkerung entsteht, die es dem Kapital nachmacht âŠdĂŒrfte die Landwirtschaft in den armen LĂ€ndern noch weiter vernachlĂ€ssigt werden.â Deshalb mĂŒssten alle Anstrengungen dahin zielen, die landwirtschaftlichen BemĂŒhungen von Klein- und Kleinstbauern zu unterstĂŒtzten, um dadurch die lĂ€ndliche Bevölkerung in den EntwicklungslĂ€ndern vom Abwandern in die Metropolen oder gar in andere LĂ€nder zu hindern. Gelingen kann das nur, wenn es in der Weltgemeinschaft mehr SolidaritĂ€t gibt und weniger Gier. Das, jedoch, klingt nach Utopia. (ado)