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Familie-Erziehung-Beziehung

Über Freundschaft

Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt”, sangen die Drei von der Tankstelle Anno 1930. Und drückten damit etwas ganz Elementares aus. Es gibt nur wenige Menschen, die auf Dauer ein glückliches Eremiten-Dasein führen können. Chronische Einsamkeit ist sogar ungesund. Deshalb brauchen wir Freunde. Gute Freundschaften bereichern unser Leben. Doch wer ist ein guter Freund oder eine gute Freundin? Und wo finden wir diese Person?

Im Kindesalter ist es leicht, Freundschaften zu schließen. Unsere Freund:innen sind die Kinder, mit denen wir im Sandkasten buddeln, die neben uns im Klassenzimmer sitzen oder die in derselben Sportgruppe sind. Diese Freundschaften sind schnell geschlossen – und genauso schnell beendet. Heute allerbeste Freundin; morgen total blöde Kuh.  Es gibt durchaus Sandkasten-Freundschaften, die bis ins Erwachsenenalter halten – doch die sind eher die Ausnahme. Denn mit zunehmendem Alter reicht das „gemeinsame Buddeln“ nicht mehr aus. Erwachsene Freundschaften setzen eine gegenseitige Selbstoffenbarung und Vertrauen voraus. Das macht es deutlich schwerer gute Freunde zu finden. Zumal die Begegnungsräume und Zufallsgelegenheiten Menschen kennen zu lernen mit zunehmendem Alter auch weniger werden. Seit Corona finden z.B. viele Meetings und Tagungen online statt, und viele Menschen meiden heutzutage Orte von Menschenansammlungen.  Auch lange vor der Pandemie suchten Menschen online nach Freundschaften und Kontakte. Manche haben über tausend Freunde auf Facebook und hunderte von Followern auf Insta. Doch von einer wahren Freundschaft kann bei Followern nicht die Rede sein. Online zeigen die wenigsten ein ehrliches Bild von sich. Gezeigt wird das Ideal-Ich, das spannende Dinge tut. Fotos und Videos werden mit Filtern bearbeitet, um den „Freunden“ das perfekte Leben zu zeigen. Dabei sind wahre Freunde Menschen, die uns so nehmen, wie wir sind. Ohne Filter. Wir müssen uns nicht verstellen, können uns mit all unseren Schwächen zeigen. Mit Freunden teilen wir Freud und Leid. Echte Freunde sind füreinander da.  „I’ll be there for you“ (The Rembrandts) lautet der Titelsong einer der erfolgreichsten Sitcoms im US-Fernsehen, die Serie „Friends“, die 10 Jahre lang ausgestrahlt wurde und den Alltag im Leben von sechs Freund:innen  zeigte. hier geht’s weiter: https://www.choices.de/durch-dick-und-duenn-thema-0624

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Familie-Erziehung-Beziehung Film und Buch

Zwischen uns der Fluss

Die Schwere des Seins
„Zwischen uns der Fluss“ 
von Michael Klier, Lena Urzendowsky, Kotti Yun, Gaya von Schwarze

Alice und Cam, zwei Frauen aus unterschiedlichen Welten, stehen vor der existentiellen Frage: Wie geht Leben? In einer Welt voller Komplexitäten suchen die jungen Frauen nach Orientierung. Cam (Kotti Yun) hat sich zu Beginn des Films komplett vom Leben zurückgezogen. Nach einem rassistischen Überfall befindet sie sich zur Therapie in einer Klinik.

Von dem schrecklichen Ereignis komplett traumatisiert, drückt sich ihre innere Lähmung auch äußerlich dadurch aus, dass sie aufgehört hat, zu sprechen und zu laufen. Alice (Lena Urzendowsky) hingegen läuft viel – vor allem durch die Elbwiesen. Hier fotografiert und filmt sie den Fluss und seine Umgebung und postet anschließend Protestbotschaften gegen eine geplante Bebauung am Flussufer in den sozialen Medien. Ihre ganze Zeit und Leidenschaft gelten diesem Aktivismus. Dafür lässt sie ihr Studium schleifen, und auch für ihren Freund Chris hat sie kaum noch Zeit. Nach einer Umweltaktion zur Rettung der Elbwiesen wird Alice zu zwei Monaten Sozialdienst in der Klinik verpflichtet, in der Cam Patientin ist. So kommt es, dass sich die zwei Frauen begegnen, denn Alice bekommt die Aufgabe, sich um Cam zu kümmern.

Während Alice nonstop auf Cam einredet, in dem Versuch, etwas aus ihr herauszubekommen, schweigt Cam beharrlich. Immerhin bringt Alice sie dazu, den Rollstuhl zu verlassen und erste Schritte zu gehen. Und als Cams Klinikaufenthalt zu Ende geht und sie nicht weiß, wohin sie gehen soll, lädt Alice sie ein, bei ihr im vornehmen Villenviertel zu wohnen. Cam findet allmählich wieder ihre Worte und fängt an, von sich zu erzählen. Langsam öffnet sie sich und bietet Alice einen winzigen Einblick in ihre Welt. Prekäre Wohnsituation, ein Freund, der sie zur Heirat und Kinderkriegen drängt, gepaart mit ihrem Trauma – das alles lastet schwer auf Cam. Auch Alice fühlt sich vom Leben gebeutelt, doch ihr Weltschmerz besteht im Vergleich nur aus kleinen Stichen der Befindlichkeit. Erst als sie durch Cams Brille blickt, wird ihr langsam bewusst, wie gekünstelt ihr eigenes Beklagen einer angeblich ach so schweren Kindheit ist, und wie viele Privilegien sie als weiße Person tatsächlich genießt.

In ruhigen Bildern und langen Einstellungen wird die wachsende Freundschaft der zwei jungen Frauen geschildert. Es passiert nicht viel. Sie reden, sie tauschen Blicke und Berührungen, sie schweigen, sie radeln – und dabei dreht sich alles um die große, existenzielle Frage: Wie will ich leben? Durch die Freundschaft zueinander wächst in beiden die Kraft, am Ende den Weg zu finden, der für jede von ihnen gangbar ist. Ein poetischer Film über Freundschaft und das Erwachsenwerden.  mehr Filmrezensionen? Hier.

Deutschland 2023, Laufzeit: 94 Min.
Regie: Michael Klier
Darsteller: Lena Urzendowsky, Kotti Yun, Henriette Heinze
>> www.realfictionfilme.de/zwischen-uns-der-fluss.html

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Familie-Erziehung-Beziehung Film und Buch

Falls ich dich überlebe von Jonathan Escoffery. Ein Roman über Familie, Identität und Zugehörigkeit.

Gibt es Rassismus unter „Schwarzen“? Unter den Mitgliedern ein und derselben Familie gar? Wer ist überhaupt „Schwarz“? Wer bestimmt, wer Schwarz ist? Und was macht die Bezeichnung und Benennung der Hautfarbe mit einem Menschen? Wie wirkt sich das auf das Leben aus? Das sind die interessanten und existentiellen Fragen, denen Jonathan Escoffery in seinem Debütroman über eine in die USA eingewanderte Familie aus Jamaika nachgeht.

Ob die spannende Romangeschichte autobiographisch ist, weiß ich nicht, aber sie enthält sicherlich autobiographische Züge, denn wie sein Romanheld Trelawney wurde der Autor Jonathan Escoffery als Kind eingewanderter jamaikanischer Eltern in den USA geboren. Während Trelawney also Bürger des Landes ist, in dem er lebt, sind seine Eltern und sein Bruder Ausländer. Die Mutter ist sehr hellhäutig und kommt nicht damit klar, dass sie in ihrer neuen Heimat als Schwarze angesehen wird. Gleichzeitig ist ihr größter Horror, dass ihre Söhne später eine schwarze Frau heiraten könnten. Während die Brüder aufwachsen, bekommen sie ständig die Ermahnung, kein dunkelhäutiges Mädchen mit krausen Haaren anzuschleppen. Auf dem College dated Trelawney dann auch bevorzugt weiße Mädchen. Mit dem Blick ständig auf die alte Heimat gerichtet, fällt es der Mutter schwer in der neuen anzukommen. Und als ihre Jungs groß sind und ihre Ehe geschieden, kehrt sie nach Jamaika zurück. Auch Trelawney hadert mit seiner Identität. Er wächst in Miami auf und hängt in der Schule mit Jungs kubanischer Herkunft ab. Als herauskommt, dass er gar kein „Kubaner“, sondern ein „Schwarzer“ ist, wird er fortan von der Gruppe gemobbt. In einer Gesellschaft, die von einer weißen Mehrheit bestimmt wird– und die in Miami nicht einmal die tatsächliche Mehrheit bildet – gilt nicht die eigentliche Farbe der Haut, sondern vielmehr welcher ethnischen Gruppe diese Farbe zugeordnet wird. Später, als er schon längst erwachsen ist, lässt Trelawny einen Gentest durchführen, bei dem herauskommt, dass er zu 59,9% europäischer Herkunft ist. „Du Schwarzer, bist überwiegend Europäer,“ stellt er erstaunt fest.

Das ganze Schachern um Zuordnung ist so komplex und so sinnfrei, dass es Trelawny in eine tiefe Sinnkrise stürzt, für deren Verarbeitung er fast vier Jahrzehnte braucht.

In „Falls ich dich überlebe“ geht es aber um viel mehr als nur schwarze Identität. Neben einer sehr spannenden Familiengeschichte erzählt der Roman auch viel über die Geschichte der USA, das Land, das gerne als Schmelztiegel bezeichnet wird, in dem die verschiedenen ethnische Gruppen aber schön säuberlich voneinander getrennt leben und es in fast 250 Jahren so gut wie kein Zusammenschmelzen gegeben hat und bis heute nicht gibt.

Falls ich dich überlebe von Jonathan Escoffery, Piper Verlag, 2023, 288 Seiten, € 22,00, ISBN 978-3-492-07154-3