Ich hetze durch die belebte BrĂŒckstraĂe, wo Dortmund sich in seiner ganzen DiversitĂ€t zeigt, und komme gerade noch rechtzeitig im Konzerthaus der Stadt an, wo ein zu 99% weiĂes Publikum auf das Konzert von âAfricaâs premier divaâ, wie US-Magazin Time sie 2007 nannte, wartet. Im letzten Jahr ernannte sie dasselbe Magazin zu eine der 100 einflussreichsten Personen weltweit.
Kidjo betritt die BĂŒhne in einem bunten Hosenanzug mit afrikanischem Muster, das Oberteil mit weiten GlockenĂ€rmeln. Diese kommen im Laufe des Konzerts gemeinsam mit ihrer TrĂ€gerin in jede Menge Schwingung â und stehen in starkem Kontrast zu den schwarz bekleideten Musiker*innen des Orchesters Neue Philharmonie Westfalen, die hinter ihr auf der BĂŒhne in ĂŒblicher Orchester-Disziplin steif auf ihren PlĂ€tzen sitzen und ihren Partituren folgen.
Der Abend beginnt mit einem symphonischen Intro, zu dem sich der Klang einer Gitarre gesellt, bevor die tiefe Stimme der SĂ€ngerin das Konzert eröffnet. (…)
In Saudi Arabien werden Frauen ab Juni dieses Jahres offiziell hinterm Steuer eines Autos sitzen dĂŒrfen. Bisher mussten Sie stets auf dem RĂŒcksitz Platz nehmen. Fahren war ihnen verboten. In Ghana hingegen war es Frauen nie verboten, ein Auto zu fahren. Frauen am Steuer gehören zum StraĂenbild. Aber nur hinterm Steuer von Privatlimousinen. Was man so gut wie niemals sieht, ist eine Frau, die ein Bus, LKW oder ein Taxi lenkt. Denn bei der Lenkung von sogenannten âcommercial vehiclesâ sind Frauen bis heute nicht erwĂŒnscht.
Eine der ganz wenigen Frauen im Land, die eine Erlaubnis fĂŒhrt, ein Taxi zu fahren ist Esenam Nyador, besser bekannt als âMiss Taxiâ.
Esenam Nyador hat Sozialwissenschaften an der University of Ghana studiert. Im Rahmen ihres Studiums in dem sie sich mit Genderfragen befasste,  war ihr aufgefallen, dass der ganze Transportsektor des Landes von MÀnnern dominiert ist. In ihrer Masterarbeit beschÀftigte sie sich daher mit dieser Diskrepanz.
âIch stellte fest, dass es kaum Frauen im Kraftfahrerberuf gibt und wollte herausfinden, warum das so ist. Denn es ist ja nicht so wie in islamischen LĂ€ndern, dass Frauen hier nicht fahren dĂŒrfen.â Also machte sie die geschlechtsspezifische Trennung in der Berufswelt am Beispiel des Kraftfahrzeugsektors zum Thema ihrer Masterarbeit. Und sich zum Versuchskaninchen. Von den knapp 5000 registrierten Taxifahrern in der Hauptstadt sind nur 85 weiblich, fand sie heraus. In Kumasi, der zweitgröĂten Stadt des Landes gibt es nicht einmal 10 Frauen, die berufsmĂ€Ăig am Steuer sitzen. Dabei, so das Ergebnis einer von ihr durchgefĂŒhrten Studienbefragung, fanden die meisten Befragten, dass Frauen umsichtiger fahren, die Verkehrsregeln mehr beachten und weniger UnfĂ€lle bauen als MĂ€nner. Warum also die Diskriminierung gegenĂŒber Frauen?
Esenam neben ihrem Taxi vor der Univ. of Ghana
In einem Selbstversuch jobbte sie wĂ€hrend des Studiums als âAplankeâ oder âDriverâs Mateâ. Der âMateâ ist in Ghana der Gehilfe des âTrotroâ (Kleinbus-Sammeltaxi) Fahrers, der fĂŒr den Fahrer die Destination der Fahrt laut ausruft, Passagiere anlockt und das Fahrgeld einsammelt. So hört man ĂŒberall dort wo die Trotros anhalten, laute Stimmen, die Stadtteilnamen wie âLabadi! Yes, Labadi!â oder Orientierungspunkte wie âCircle! Yes, Circle!â hinausbrĂŒllen. Wer viele Jahre als Aplanke arbeitet, hat die Chance spĂ€ter zum Fahrer aufzusteigen. âAls Aplanke wurde ich belĂ€chelt und nicht ernst genommenâ, erzĂ€hlt Esenam. Aber es kam noch schlimmer, als sie beschloss nicht nur driverâs mate, sondern selbst Berufsfahrerin zu werden. Das war nach dem Studium. âIch hatte keine Lust, Hunderte von Bewerbungen raus zu schicken in der Hoffnung auf einen Jobâ, erinnert sie sich. Ich wollte selbstĂ€ndig arbeiten und da ich Autofahren liebe, beschloss ich Taxifahrerin zu werden.
Woher die Liebe zum Autofahren kommt, erzĂ€hlt sie auch. âIm Dezember 1998 hatte ich einen Autounfall. Ich saĂ damals hinten in einem Taxi. Danach entwickelte ich eine panische Angst davor, in einem Auto zu fahrenâ, sagt die heute 39jĂ€hrige Alleinerziehende. Doch in einer riesigen Stadt wie Accra ist man auf Autos angewiesen, um von A nach B zu kommen. âIch musste meine Phobie besiegen. Ich konnte ja nicht ĂŒberall zu FuĂ hin. Da ich keinem Fahrer mehr traute, musste ich selbst zur Fahrerin werden. Ich beschloss also, den FĂŒhrerschein zu machen um danach so oft es ging selbst am Steuer zu sitzen.â 2013 kaufte sie dann mit einem Kleinkredit ihr erstes Taxi. FĂŒr ihre Berufswahl gab es allerdings wenig VerstĂ€ndnis in ihrem Umfeld â und viele Steine wurden ihr in den Weg gelegt.
âWenn du in Ghana Taxi fahren willst, musst du erst einmal einer Taxifahrer-Vereinigung beitreten. Ich habe es bei drei verschiedenen versucht. Keine nahm mich aufâ, erzĂ€hlt sie.  âEs war ganz deutlich â sie wollten keine Frau in ihren RĂ€ngen haben. Daran hat sich bis heute nichts wesentlich geĂ€ndert.â
Doch Esenam blieb hartnĂ€ckig, ging diplomatisch vor und wurde irgendwann von der Fahrergemeinschaft der UniversitĂ€t als Mitglied aufgenommen. âWahrscheinlich durfte ich hier auch nur deshalb Mitglied werden, weil ich an dieser Uni studiert habeâ, glaubt sie. Doch mit der Mitgliedschaft im Taxifahrer-MĂ€nnerclub waren ihre Probleme nicht vorbei.  âEs gab MĂ€nner, die sich weigerten, mein Taxi zu besteigen, oder die darauf bestanden sofort auszusteigen, als sie merkten dass eine Frau am Steuer saĂâ, erinnert sie sich. Oder Leute, die sie fragten, ob jemand sie dazu gezwungen habe. Doch es gab auch die, die ihren Mut in dieser reinen MĂ€nnerdomĂ€ne bewunderten. Vor allem waren das Frauen. Ihre Berufswahl sieht Esenam daher auch als ein Empowerment-Statement fĂŒr Frauen.
âEs ist ein idealer Beruf, wenn man Familie hat. Man kann sich seine Fahrtzeiten einteilen, selber entscheiden, wann und wie lange man arbeitet.â Sie ist sicher, dass viele Frauen ihren ökonomischen Status verbessern könnten, wenn sie als Fahrerinnen arbeiten wĂŒrden. Aber dafĂŒr mĂŒsste der Beruf akzeptierter werden. âIch bin ein âsocial deviantâ, eine Abweichlerin von der Normâ, lacht sie. âMir macht es nichts aus, auf ein paar FĂŒĂe zu treten und etwas zu tun, was viele als nicht normal betrachten. Aber mir ist klar, dass nicht alle Frauen so sind. Deshalb setze ich mich dafĂŒr ein, dass der Beruf als Bus- oder Taxifahrerin anerkannt wird.â
Heute ist âMiss Taxiâ sehr erfolgreich mit ihrem eignen Taxi-Unternehmen unterwegs. Sie fĂ€hrt bevorzugt GeschĂ€ftsleute, NGO-Mitarbeiter und Touristen und hat mittlerweile eine groĂe Stammkundschaft. Zurzeit  ist sie gleichzeitig fĂŒr Metro Mass Transport, dem stĂ€dtischen Busbetrieb der Hauptstadt Ghanas, als Botschafterin des Projekts âWomen Moving The Cityâ unterwegs. âWomen Moving The Cityâ ist ein gemeinsames Projekt von mehreren Stakeholdern, darunter der schwedische Bus- und Nutzfahrzeughersteller Scania und die deutsche Gesellschaft fĂŒr internationale Zusammenarbeit, GIZ. Im Rahmen des Projekts werden derzeit 72 Frauen zu Busfahrerinnen ausgebildet. Esenam war von Anfang an am Projekt beteiligt, half die Kampagne zu entwickeln, fĂŒhrte Interviews mit den ĂŒber 400 Bewerberinnen durch, und war an der Auswahl der 72 Frauen beteiligt, die nun zu Kraftfahrerinnen umgeschult werden. Am Ende des  Pilotprojekts winken Jobs fĂŒr alle Frauen. Im MĂ€rz wurde das Projekt als eins der drei besten GIZ-Projekte fĂŒr Gendergerechtigkeit ausgewĂ€hlt und in Frankfurt ausgezeichnet.
Doch Miss Taxis Wunsch ist es, dass es nicht beim Pilotprojekt in der Hauptstadt bleibt, sondern dass es auch auf andere Regionen des Landes ausgeweitet wird, damit es zur NormalitÀt wird, dass auch Frauen am Steuer von Bussen und Taxen sitzen.
Und wie geht es fĂŒr Miss Taxi weiter? âIn spĂ€testens fĂŒnf Jahren will ich wieder zurĂŒck an die Uni, meinen Doktor machen. Und dann will ich die erste weibliche LKW- und Busfahrlehrerin des Landes werden und ganz vielen Frauen zum FĂŒhrerschein fĂŒr ein Nutzfahrzeug verhelfen.
Eine Jahrzehnte lang unterschlagene Geschichte ĂŒber die herausragenden schwarzen Wissenschaftlerinnen, die bei der NASA Pionierarbeit leisteten und die US-Raumfahrt
voranbrachten.
Wie der nigerianische Schriftsteller Chinua Achebe einst sagte: Nur wenn Löwen ihre eigenen Geschichtsschreiber haben, werden JÀger aufhören, Helden zu sein.
Amerika als Weltraum-Nation â die Geschichten ĂŒber die erste Weltumrundung, die erste Mondlandung und die Verdienste der NASa sind allen bekannt. Die nicht erzĂ€hlte Geschichte dahinter ist die der Frauen, die dazu beitrugen, dies alles zu ermöglichen. Diese wenig bekannten Geschichten hat die schwarzamerikanische Autorin Margot Lee Shetterly ausgiebig recherchiert und in dem Buch âHidden Figuresâ zusammengetragen. Als Tochter eines NASA-Wissenschaftlers hörte sie von den sogenannten âMenschlichen Computernâ â Frauen allesamt – die schneller rechnen konnten als der erste IBM-Rechner. Bei ihren Recherchen stieĂ sie auch auf die Geschichten von vier schwarzen Frauen, die der damaligen Raumfahrt mit ihren bahnbrechenden Berechnungen zum Erfolg verhalfen. Shetterlys Buch diente als Vorlage fĂŒr den Film und erzĂ€hlt von den Pionierinnen, deren bemerkenswerte Arbeiten im Bereich der Mathematik, Computer- und Ingenieurwissenschaften das Raumfahrtprogramm der NASA revolutionierten. mehr lesen …