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Gesellschaft und Umwelt

Ghana: Ein Land zwischen Fortschritt und Chaos

Goldküste nannten die Europäer den Küstenabschnitt, der sich mit der Küste des heutigen Ghana deckt. Dort fanden sie das edle Metall vor, das sie in Verzückung versetzte und jahrhundertelang Begehrlichkeiten und Besitzansprüche weckte.

Für das britische Empire war das Gold Grund genug, 70 Jahre lang Krieg gegen das Volk der Ashanti zu führen, die ihr Land und ihr Gold verteidigten, aber letztendlich den Waffen der Kolonisatoren nicht gewachsen waren. Die Goldküste wurde 1807 eine britische Kolonie und blieb es 150 Jahre lang. Lange bevor die Briten jedoch Anspruch auf die lukrative Gegend erhoben, hatten es die Portugiesen Jahrhunderte zuvor „entdeckt“. Auch sie waren vom vielen Gold fasziniert und nannten daher die erste Festung, die sie dort 1482 errichteten, „El Mina“, die Mine. Bereits 1486 erhielt der Ort das Stadtrecht und den Namen Elmina und wurde zum Haupthandelsplatz für Gold, aber auch für Elfenbein und Sklaven. Danach kamen die Holländer, die Dänen und die Schweden, die alle ein Stück vom Kuchen oder vielmehr vom Gold und vom Sklavenhandel haben wollten, bis das britische Königreich die Kontrolle übernahmen.

Lesen Sie mein Länderporträt in der Frühjahrs-Ausgabe des Oiko Credit Magazins. Hier können Sie das Heft herunterladen.

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Film und Buch Gesellschaft und Umwelt

Zeitbombe Welthunger

Kurz vor Weihnachten ist Manfred Heusers Buch „Zeitbombe Welthunger“ erschienen. Und ich habe es zwischen den Jahren gelesen.  Ausgerechnet zwischen Spekulatius, Stollen und Sternen aus Zimt, zwischen Einladungen zum Feiern – und vor allem, zum Essen, Essen und noch mehr Essen,  war dieses Buch, das von Massengräbern und vom Exodus von Millionen Menschen handelt, die gestorben sind oder sich auf Wanderschaft begeben müssen, weil sie nichts mehr zu essen haben, wirklich schwere Kost!

Weltweit hungern nach Schätzung der Vereinten Nationen 815 Millionen Menschen. Während die Zahlen seit 1990 kontinuierlich zurückgingen, sind sie in 2017 wieder angestiegen. Über 800 Millionen Menschen haben nicht genug zu essen – und  das in einer Zeit, in der es mehr Nahrungsmittel gibt als je zuvor.

Die große Mehrheit der Hungernden (98%) lebt in den Entwicklungsländern. Während alleine in Deutschland 18 Millionen Tonnen Nahrungsmittel jedes Jahr weggeworfen und vernichtet werden, weil wir hier zu viel haben, sieht man hungernde und bettelnde Menschen in allen Ländern des globalen Südens. Und sie werden immer mehr.

Konsumrausch und Wegwerfmentalität im globalen Norden, Mangel und Notstand im globalen Süden.

Warum müssen Menschen in einer reichen Welt hungern? Diese Frage stellt sich Manfred Heuser in seinem Buch und geht den Ursachen und Auswirkungen des Welthungers nach. Ursachen für die Nahrungsmisere gibt es viele. Diese reichen vom Klimawandel über Kriege und Bevölkerungswachstum bis hin zu Landgrabbing. Auch die Globalisierung treibt den Hunger voran. Die Industrialisierung der Nahrung sowie die weltweiten Produktions- und Vertriebsketten haben zu neuen Problemen geführt, wie etwa Stickstoffsättigung der Böden und verseuchte Grundgewässer. Ferner bestimmt eine gleichgeschaltete Werbung, was heute in der Welt gegessen wird. So ändern sich überall die Essgewohnheiten – weg von einer ballaststoffreichen pflanzlichen Ernährung hin zu einem zunehmenden Verzehr von tierischen Produkten. Überall auf der Welt findet man mittlerweile in  Großstädten dieselben bekannten Fast-Food-Marken.

Gleichzeitig diskutiert der Autor mögliche Lösungen, wie der Hunger  aus der Welt geschafft werden könnte. Die Länder der Welt haben 2015 gemeinsam beschlossen, bis 2030 den Hunger in der Welt zu beenden und die Armut zu verringern. (SDG 1) Dafür ist ein Umdenken im Welthandelssystem nötig. Doch auch in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit muss sich etwas ändern. Der Autor sieht auch Mikrokredite oder Fair Trade nicht nur positiv. „Sie stammen … aus dem Werkzeugkasten des kapitalistischen Systems“, schreibt er, und sie haben nicht selten negative Auswirkungen für die Menschen in den Entwicklungsländern. Die Lösung sieht er in der Selbstversorgung und in einer Einschränkung der weltweiten Personenfreizügigkeit. „Wenn eine Wanderbevölkerung entsteht, die es dem Kapital nachmacht …dürfte die Landwirtschaft in den armen Ländern noch weiter vernachlässigt werden.“ Deshalb müssten alle Anstrengungen dahin zielen, die landwirtschaftlichen Bemühungen von Klein- und Kleinstbauern zu unterstützten, um dadurch die ländliche Bevölkerung in den Entwicklungsländern vom Abwandern in die Metropolen oder gar in andere Länder zu hindern. Gelingen kann das nur, wenn es in der Weltgemeinschaft mehr Solidarität gibt und weniger Gier. Das, jedoch, klingt nach Utopia. (ado)

Manfred Heuser: Zeitbombe Welthunger – Massengräber, Exodus oder Marshallplan, Tectum Sachbuch, 2017, 418 Seiten, 19,95 €, ISBN 978-3-8288-4036-2
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Familie-Erziehung-Beziehung Gesellschaft und Umwelt Interview

Die neuen Väter

Wer am Samstag in Flingern oder Bilk unterwegs ist, sieht ihn immer häufiger: den neuen Vater. Er schiebt seinen Nachwuchs im stylischen Bugaboo über den Wochenmarkt, trägt ihn im Babybjörn beim Einkaufsbummel durch die Fußgängerzone oder fährt mit ihm im Fahrradanhänger durch den Südpark. Wer sind diese „neuen Väter“? Sind sie wirklich anders als ihre Vorgänger? Wie fühlen sie sich, was macht sie aus? Die Libelle wollte es wissen und lud fünf Väter unterschiedlichen Alters zum Gespräch in die Redaktion ein. Der jüngste ist noch nicht so lange Papa, der älteste kleidet schon seit über dreißig Jahren diese Rolle – und ist vor kurzem sogar Opa geworden. Mit Tina Adomako unterhielten sich die Väter über ihre Rollen, erzählten von ihren Wünsche und verrieten Ihre Hoffnungen für die Zukunft. Im Gespräch zeigte sich, dass manches immer noch beim Alten geblieben ist, aber auch, dass die Vaterrolle in den letzten Jahren einen starken Wandel durchlaufen hat.

Sind die Zeiten, in denen Väter nur Wochenendpapas waren, nun vorbei. Sind wir an einem neuen Punkt angelangt, was Väter und das Vatersein betrifft? Immerhin gehen jetzt auch Väter in Elternzeit.

Jürgen Grah: Nein, noch nicht. Ich mache mit Vätern die Erfahrung dass sie in vielerlei Hinsicht immer noch nicht richtig gesehen werden. Gerade bei den Geburtsvorbereitungen ist das Feedback der Väter immer „Gott sei Dank das wir das jetzt gemacht haben, ich war bisher immer nur im Hintergrund“. Ein Vater sagte mir erst neulich, dass immer nur seiner Frau zur Schwangerschaft gratuliert wird. Ich sage gerne provokativ: Väter sind keine Babysitter, denn so werden wir häufig immer noch gesehen. Wenn die Mutter mal weg muss, dürfen die Väter mal kurz aufs Kind aufpassen. Ja, wir sehen mehr Väter im Stadtbild, aber sie werden häufig immer noch belächelt.

Hans-Georg Nelles: Es hat sich vieles geändert und es ist vieles auf dem richtigen, auf dem guten Weg, aber das heißt noch nicht, dass da wirklich eine Gleichberechtigung herrscht. Auch was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie betrifft. So wird es vielleicht akzeptiert, das Väter Elternzeit nehmen, zwei Monate, ja, da können sich die meisten Arbeitgeber nicht mehr wehren, aber wenn es um mehrere Monate geht, wird es bei einer gerechten Aufteilung schon schwierig. (…)

Wie die „Väter 2.0.“ ihre Rollen definierein und die Zeiten heute einschätzen, lesen Sie im Titelthema der September-Ausgabe von Libelle