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Gesellschaft und Umwelt Interview

Germanwatch-Sprecher Stefan KĂŒper ĂŒber Umwelt, Ressourcen und Zukunft

„Wir brauchen einen Turbo bei Erneuerbaren“

 Herr KĂŒper, Deutschland Ă€nderte schon 2002 das Atomgesetz und beschloss 2011, nach der Katastrophe von Fukushima, den Atomausstieg. Heute sind fast alle Reaktoren abgeschaltet, Ende 2022 sollten die letzten vom Netz gehen. Doch nun heißt es, wir brauchen Atomenergie, um die Versorgung zu gewĂ€hrleisten. Was haben wir denn in den letzten 20 Jahren fĂŒr unsere Energieversorgung getan?

Stefan KĂŒper: Wir haben in den Nullerjahren recht viel, aber danach ĂŒber weite Strecken nicht genug getan. Deutschland war Vorreiter beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und hat damit auch international viele Investitionen in diese Technologien mit angeschoben, sodass sie mittlerweile weltweit gĂŒnstiger sind als fossile Energien. Allerdings haben die letzten Bundes- und zum Teil auch Landesregierungen dann den Vorsprung verspielt und den Ausbau vor allem bei Windkraft an Land in den vergangenen Jahren sogar fast zum Stillstand gebracht. Da soll und muss nun sehr schnell wieder Fahrt aufgenommen werden, genauso wie in der Solarenergie und – vor allem – bei der Energieeffizienz, z.B. in Bestandsbauten. Wir brauchen keine Atomenergie fĂŒr unsere Versorgungssicherheit, aber wir brauchen einen Turbo bei Erneuerbaren, Effizienz und bei noch ungenutzten Potenzialen zum Energiesparen.

Alle wollen „grĂŒne“, saubere Energie – doch der Ausbau kommt nicht voran. Laut einem Bericht des SWR war 2021 sogar das schlechteste Jahr ĂŒberhaupt, was Ausbau von Windenergie betrifft. Es scheint, je mehr die Menschen saubere Energie wollen, desto weniger wird sie ausgebaut. Wie passen Wunsch und Wirklichkeit in Deutschland zusammen?

Da sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. Die UnterstĂŒtzung fĂŒr Erneuerbare ist in der Breite der Bevölkerung sehr hoch. Lokal scheint das nicht immer so zu sein und daraus haben einige Landesregierungen den Schluss gezogen, man mĂŒsse den Ausbau erschweren und Windkraft extrem weit weg drĂ€ngen von jeder Wohnbebauung. Dabei gibt es jede Menge Projekte, die zeigen: Wenn Menschen vor Ort aktiv in Windkraftprojekte eingebunden werden, wenn ihre Kommune ganz konkret auch finanziell davon profitiert, dann ist der RĂŒckhalt zumeist sehr groß. Das muss jetzt durch das angekĂŒndigte Klimasofortprogramm in die Breite gebracht werden. Beteiligt die Menschen an den VorzĂŒgen der Stromerzeugung in ihrer Region, macht die Projekte auch zu ihren Projekten!

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Film und Buch Gesellschaft und Umwelt

Zeitbombe Welthunger

Kurz vor Weihnachten ist Manfred Heusers Buch „Zeitbombe Welthunger“ erschienen. Und ich habe es zwischen den Jahren gelesen.  Ausgerechnet zwischen Spekulatius, Stollen und Sternen aus Zimt, zwischen Einladungen zum Feiern – und vor allem, zum Essen, Essen und noch mehr Essen,  war dieses Buch, das von MassengrĂ€bern und vom Exodus von Millionen Menschen handelt, die gestorben sind oder sich auf Wanderschaft begeben mĂŒssen, weil sie nichts mehr zu essen haben, wirklich schwere Kost!

Weltweit hungern nach SchĂ€tzung der Vereinten Nationen 815 Millionen Menschen. WĂ€hrend die Zahlen seit 1990 kontinuierlich zurĂŒckgingen, sind sie in 2017 wieder angestiegen. Über 800 Millionen Menschen haben nicht genug zu essen – und  das in einer Zeit, in der es mehr Nahrungsmittel gibt als je zuvor.

Die große Mehrheit der Hungernden (98%) lebt in den EntwicklungslĂ€ndern. WĂ€hrend alleine in Deutschland 18 Millionen Tonnen Nahrungsmittel jedes Jahr weggeworfen und vernichtet werden, weil wir hier zu viel haben, sieht man hungernde und bettelnde Menschen in allen LĂ€ndern des globalen SĂŒdens. Und sie werden immer mehr.

Konsumrausch und WegwerfmentalitĂ€t im globalen Norden, Mangel und Notstand im globalen SĂŒden.

Warum mĂŒssen Menschen in einer reichen Welt hungern? Diese Frage stellt sich Manfred Heuser in seinem Buch und geht den Ursachen und Auswirkungen des Welthungers nach. Ursachen fĂŒr die Nahrungsmisere gibt es viele. Diese reichen vom Klimawandel ĂŒber Kriege und Bevölkerungswachstum bis hin zu Landgrabbing. Auch die Globalisierung treibt den Hunger voran. Die Industrialisierung der Nahrung sowie die weltweiten Produktions- und Vertriebsketten haben zu neuen Problemen gefĂŒhrt, wie etwa StickstoffsĂ€ttigung der Böden und verseuchte GrundgewĂ€sser. Ferner bestimmt eine gleichgeschaltete Werbung, was heute in der Welt gegessen wird. So Ă€ndern sich ĂŒberall die Essgewohnheiten – weg von einer ballaststoffreichen pflanzlichen ErnĂ€hrung hin zu einem zunehmenden Verzehr von tierischen Produkten. Überall auf der Welt findet man mittlerweile in  GroßstĂ€dten dieselben bekannten Fast-Food-Marken.

Gleichzeitig diskutiert der Autor mögliche Lösungen, wie der Hunger  aus der Welt geschafft werden könnte. Die LĂ€nder der Welt haben 2015 gemeinsam beschlossen, bis 2030 den Hunger in der Welt zu beenden und die Armut zu verringern. (SDG 1) DafĂŒr ist ein Umdenken im Welthandelssystem nötig. Doch auch in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit muss sich etwas Ă€ndern. Der Autor sieht auch Mikrokredite oder Fair Trade nicht nur positiv. „Sie stammen 
 aus dem Werkzeugkasten des kapitalistischen Systems“, schreibt er, und sie haben nicht selten negative Auswirkungen fĂŒr die Menschen in den EntwicklungslĂ€ndern. Die Lösung sieht er in der Selbstversorgung und in einer EinschrĂ€nkung der weltweiten PersonenfreizĂŒgigkeit. „Wenn eine Wanderbevölkerung entsteht, die es dem Kapital nachmacht 
dĂŒrfte die Landwirtschaft in den armen LĂ€ndern noch weiter vernachlĂ€ssigt werden.“ Deshalb mĂŒssten alle Anstrengungen dahin zielen, die landwirtschaftlichen BemĂŒhungen von Klein- und Kleinstbauern zu unterstĂŒtzten, um dadurch die lĂ€ndliche Bevölkerung in den EntwicklungslĂ€ndern vom Abwandern in die Metropolen oder gar in andere LĂ€nder zu hindern. Gelingen kann das nur, wenn es in der Weltgemeinschaft mehr SolidaritĂ€t gibt und weniger Gier. Das, jedoch, klingt nach Utopia. (ado)

Manfred Heuser: Zeitbombe Welthunger – MassengrĂ€ber, Exodus oder Marshallplan, Tectum Sachbuch, 2017, 418 Seiten, 19,95 €, ISBN 978-3-8288-4036-2
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Film und Buch Gesellschaft und Umwelt

Die Zeit lÀuft!

„Immer noch eine unbequeme Wahrheit: Unsere Zeit lĂ€uft“. Al Gores neuer Film ab 7. September im Kino

Al Gore, ehemaliger US-VizeprĂ€sident und FriedensnobelpreistrĂ€ger ist mit einem neuen Film wieder im Kino zu sehen. Mit seinen Oscar-prĂ€mierten Film „Eine unbequeme Wahrheit“ zeigte er uns 2006 wohin die Erde steuert. Nun hĂ€lt er uns erneut den Spiegel vor, denn auch ein Jahrzehnt spĂ€ter haben viele Menschen anscheinend noch immer nicht begriffen, wie ernst die Lage wirklich ist. Zu ihnen zĂ€hlt wohl auch US-PrĂ€sident Donald Trump, der den Ausstieg aus dem Pariser-Klimaabkommen beschlossen hat. Seit Jahren bezweifelt Trump öffentlich, dass es einen Klimawandel gibt und tut seine Meinung durch Tweets kund wie „Gebt mir saubere, schöne und gesunde Luft – nicht immer diesen alten Quatsch ĂŒber Klimawandel (ErderwĂ€rmung). Ich kann diesen Unsinn nicht mehr hören.“ Oder: „Das Konzept der ErderwĂ€rmung wurde von und fĂŒr Chinesen geschaffen, um die amerikanische Produktion wettbewerbsunfĂ€hig zu machen.“

Dieser „Unsinn“, wie Trump ihn nennt, ist leider eine unumstĂ¶ĂŸliche, unbequeme Wahrheit, die nicht nur von Wissenschaftlern und Klimaexperten erforscht und belegt wird, sondern die Menschen weltweit immer hĂ€ufiger zu spĂŒren bekommen. NatĂŒrlich gab es im Laufe der Geschichte ungewöhnliche Wetterlagen – mal kalte Sommer und milde Wintertage. Auch DĂŒrren und Überschwemmungen hat es immer wieder gegeben. Doch Fakt ist, dass 2016 das bis dato wĂ€rmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1880 war. Fakt ist, das die Polkappen so schnell schmelzen, wie nie zuvor. Fakt ist, dass wir Menschen mit unserem derzeitigen Lebenswandel den Planeten und unsere eigene Lebensgrundlage zerstören werden, wenn wir nicht umdenken und umlenken.

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