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Gesellschaft und Umwelt

Das deutsche Bild von Afrika – koloniale Kontinuitäten in der medialen Berichterstattung

Wenn eine weiße Person eine Schwarze Person sieht oder einer dunkelhäutigen Person begegnet – welche Bilder, Gedanken oder Assoziationen gehen als erstes durch den Kopf? Die gleichen, wie bei einer Begegnung mit einer weißen Person? Gar keine bzw. wertfreie, neutrale Gedanken? „Ich sehe nur den Menschen, nicht die Hautfarbe“, sagen Jene, die sich für aufgeschlossen und tolerant halten. Schön wär’s. Doch wenn wir ehrlich sind, ist dies so gut wie nie der Fall. Völlig unvoreingenommene und ungefärbte schwarz-weiß Begegnungen sind leider kaum möglich. Denn die Bilder, die sowohl Schwarze als auch weiße Menschen gegenseitig voneinander haben, sind geprägt von einer über 500-jährigen Geschichte, die mit Versklavung, Kolonialisierung, Unterdrückung und Exotisierung einherging.

Schon nach den ersten Begegnungen von Europäern mit nicht weißen Menschen in den Amerikas des 15. Jahrhunderts kamen mit den zurückkehrenden Konquistadoren Erzählungen von wilden, primitiven Menschen. Bei „Wilden“ konnte man den Gedanken der christlichen Nächstenliebe anders auslegen. Gegen Wilde braucht man schließlich eine härtere, brutalere Vorgehensweise – wie brutal diese war, wissen wir Dank der Augenzeugenberichte von Hernán Cortés, der die „Eroberung“ Mexikos und den Umgang mit den Bewohnern akribisch dokumentierte. Die angebliche Barbarei der indigenen Völker rechtfertigte die barbarische Art wie die vermeintlich Zivilisierten mit ihnen umgingen.

Den ganzen Artikel finden Sie auf den Seiten 39-46 des Magazins Grüne Reihe,  Ausgabe 122. Herunterladen können Sie das Heft HIER.

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Sind Namen Schall und Rauch? Umstrittene Denkmalkultur im öffentlichen Raum

Familienbedingt sitze ich oft im Flieger Richtung Ghana. Für mehrere Stunden liegt dann unter mir der „Schwarze Kontinent“. Die Route führt über Orte, die ich nur vom Namen kenne: Fada N’Gourma, Birnim Kebbi, Tillabéri. Beim Überfliegen denke ich oft daran, dass von diesen und ähnlichen Orten vor 400 Jahren Menschen zur westafrikanischen Küste getrieben wurden, wo sie auf Schiffe vor den Sklavenforts der früheren Goldküste verladen und in eine für sie unbekannte Zukunft verfrachtet wurden. Heute wissen wir, was mit den Millionen Menschen aus Afrika geschah. Und auch, was nach der Abschaffung des transatlantischen Sklavenhandels als Fortführung der Menschenausbeutung unter anderem Namen erfolgte.

Spuren der Kolonialzeit

Auf Einladung des Reichskanzlers Otto von Bismarck sicherten die „Weltmächte“ 1884/85 in Berlin einander das Recht zu, Länder und Gebiete in Afrika in Besitz zu nehmen und auszubeuten – zwanzig Jahre nach der Abschaffung der Sklaverei. So begann die Kolonialzeit. Deutschland beanspruchte ein Drittel der aufzuteilenden Flächen. Wie die Sklaverei wurde auch der Kolonialismus irgendwann abgeschafft. Allzu lange ist es nicht her. Für mich ist es schwer vorstellbar, dass mein Vater, in der Goldküste geboren, England noch lange Zeit als „motherland“ bezeichnen musste. Ghana erlangte erst 1957 seine Unabhängigkeit. Viele afrikanische Länder waren noch in den 60er Jahren Kolonien, manche wurden sogar erst Ende der 70er unabhängige Staaten. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Welt zwei Weltkriege hinter sich, man hatte Erklärungen über Menschenrechte verfasst, Demokratie, Freiheit und Gleichbehandlung als Ideale verankert. Unvorstellbar daher, dass Spuren der Kolonialzeit bis heute nur selten hinterfragt und Menschen, die Verbrechen verantwortet oder ermöglicht haben, noch immer auf Straßenschildern geehrt werden. Menschen wie Joachim Nettlebeck, Theodor Leutwein, Hermann von Wissmann oder Carl Peters – die alle noch auf Straßenschildern in NRW zu finden sind.

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Länderbericht Deutschland: Wer ist das deutsche Volk?

In der Rubrik „Länderbericht“ steht sonst immer etwas über ferne, fremde Länder. Was soll denn ein Bericht über das Land, in dem Sie, liebe Leserinnen und Leser, leben? Deutschland kennen Sie schließlich aus eigener Erfahrung. Doch wie gut kennen Sie das Land und seine Geschichte wirklich?

Fast vierzig Jahre lang war Deutschland geteilt in Ost und West, in DDR und BRD, in »Ossis und Wessis«. Seit 1990 sind die Deutschen wieder ein Volk. So sagen sie. Dass sie es jetzt wieder sind, impliziert, dass sie das vor der Teilung auch schon einmal waren: ein Volk. Doch waren die Deutschen wirklich jemals ein Volk? Was ist überhaupt ein Volk? Waren sie nicht schon immer eine Mischung aus vielen Völkern? So wie Deutschland auch heute ein Einwanderungsland ist, obwohl darüber viele Jahre, ach was, Jahrzehnte lang gestritten wurde. Die Deutschen des 20. und 21. Jahrhunderts tun sich immer noch schwer damit, sich als Einwanderergesellschaft zu sehen. Und das, obwohl Migration ein wesentlicher Teil der Geschichte Deutschlands ist. Im 19. Jahrhundert zogen industrielle Zentren wie das Ruhrgebiet oder die Montanindustrie Sachsens Hunderttausende von fremden Arbeitskräften und ihre Familien an. Große Infrastrukturprojekte wie der Bau von Kanälen und Eisenbahnstrecken waren nur möglich, weil Arbeiterinnen und Arbeiter aus anderen Ländern beim Bau mitschufteten. Die Fremden trugen mit ihrer Arbeitskraft zum Aufbau Deutschlands bei, ohne sie wäre die Industrialisierung nicht möglich gewesen. Und sie trugen auch dazu bei, dass die Deutschen zu Essen bekamen. Denn auch die unattraktive saisonale Arbeit in der Landwirtschaft auf den großen Gütern östlich der Elbe brachte viele russische und polnische Landarbeiterinnen und -arbeiter ins Land. Im 20. Jahrhundert ging das so weiter. Menschen aus südlichen Ländern waren der Schmierstoff, der dafür sorgte, dass der Motor der Wirtschaft am Laufen blieb. Sie arbeiteten in den Zechen, den Autofabriken, in der Landwirtschaft, auf dem Bau oder in Krankenhäusern und sorgten dafür, dass die Deutschen ein Wirtschaftswunder erleben konnten.   weiter lesen in Forum Weltkirche Heft 1/2021