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Film und Buch

Familienkino im Mai: Zickenalarm im Internat, Spionage in 4D, Tiger und Bär auf Schatzsuche und die Geschichte eines Mädchens, das lieber ein Junge wäre

Tomboy
Was bestimmt unsere Sexualität? Wie passiert es, dass Geschwisterkinder, die in derselben Familie aufwachsen, völlig unterschiedlich geprägt sein können? Während die 10-jährige Laure Kleider hasst, eine Kurzhaarfrisur trägt und am liebsten wie ein Junge in Baggy-Shorts und Sneakers herumläuft, ist ihre 6-jährige Schwester Jeanne das typische Beispiel eines rosaglitzerprinzessin Mädchens, das am liebsten im Tüll-Tutu durch die Wohnung pirouettiert. Als die Familie kurz vor den Sommerferien in eine neue Stadt zieht, kann Laure endlich ihren Traum leben, ein Junge zu sein. Hier ist sie neu und der ganze Sommer liegt vor ihr. Den Kindern aus der neuen Nachbarschaft stellt sich Laure kurzerhand als Michael vor. Da sie genau so gut Kicken und Raufen kann, wie die anderen Jungs, zweifelt keiner ihrer neuen Freunde an ihre Identität. Allerdings muss Laure geschickt vorgehen, um nicht aufzufliegen. So kann sie z.B. keine Freunde zu sich nach Hause einladen. Da passt es gut, dass ihre Mutter hochschwanger ist und Laure allen plausibel erklären kann, dass Besuch stören würde. Trotzdem gibt es Situationen, die das Mädchen vor einer Herausforderung stellen. Das Rudelpinkeln zum Beispiel, oder die Schwimmausflüge. Wobei Laure für letzteres Problem eine geniale Lösung mit Knete findet. Es ist ein wunderbarer Sommer und Laure kostet ihre neue Identität als Junge voll aus. Dazu gehört auch eine erste Verliebtheit in das Nachbarsmädchen Lise. Als der Schwindel doch aufzufliegen droht, wird Jeanne kurzerhand in das Geheimnis eingeweiht. Der Sommer könnte ewig so weitergehen. Doch die schönsten Ferien sind irgendwann zu Ende, und je näher der Schulbeginn rückt, desto verzweifelter wird Laure. Als sie am Ende, ganz in der Rolle des schützenden großen Bruders, den Schubser ihrer kleinen Schwester verprügelt, ist das Spiel aus. Denn solche Prügeleien werden häufig auf Eltern-Ebene geahndet. Laures Eltern sind liebevoll und widmen sich ihren Kindern, doch sie können sich nicht in ihre ältere Tochter hineinversetzen. Vor allem die Mutter merkt nicht, was sie dem Mädchen antut, als sie sie am Ende zwingt, in einem Kleid gesteckt, sich beim verprügelten Junge zu entschuldigen.

Tomboy
Laure und Lisa freunden sich an © Alamode Film

Fast ausschließlich aus Kindersicht erzählt der Film mit großer Authentizität und Natürlichkeit diese berührende Geschichte einer Identitätssuche. Zoé Heran überzeugt als Laure/Michael in ihre erste Kinorolle und auch Malon Lévana spielt die kleine Schwester frappierend echt. Ob dieser Film jedoch für Kinder oder eher für Eltern ist, ist nicht ganz klar. Im Subtext geht es um das die Themen Gender, Homo- bzw. Transsexualität, doch es bleibt offen, ob Laure einfach nur ein Tomboy ist, also sich wie ein Junge kleidet und benimmt, oder ob das Anzeichen ihrer späteren sexuellen Neigung sind. Auf jeden Fall ist der Film empfehlenswert für Eltern, die eine ähnliche Tochter haben, um die Problematik aus Kindersicht zu betrachten. Kinder werden völlig unvoreingenommen Gefallen am Rollenspiel der Titelheldin, und an der Darstellung eines traumhaften Sommers finden. Stoff für anschließende Familiengespräche liefert der Film auch genug.

Regie: Céline Sciamma
Darsteller: Zoé Héran, Malon Lévana, Jeanne Disson, Matthieu Demy, Sophie Cattani u.v.a.

Spy Kids 4 D – Alle Zeit der Welt

Spy Kids
Riechen die Spy Kids etwas? © Senator Film Verleih
James Bond für Minis: Drei Dimensionen reichen nicht, jetzt wehen einem auch noch Aromen um die Nase, um das moderne Kinoerlebnis zu komplettieren. Zusätzlich zur 3D-Brille gibt’s dieses Mal auch eine Rubbelkarte am Eingang, die acht verschiedene Gerüche freisetzen soll. Blinkt eine Zahl auf der Leinwand, ist das entsprechende Feld frei zu kratzen, um die vierte Kinodimension zu erleben. Bis auf Zimt nahm meine Nase nur undefinierbare süßliche Gerüche auf. Vielleicht ist der Geruchssinn von jungen Zuschauern besser ausgeprägt, so dass sie bei diesem Aktion-geladenen Film voll auf ihre Kosten kommen.
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Regie: Robert Rodriguez
Darsteller: Jessica Alba, Joel McHale, Alexa Vega, Daryl Sabara, u.a.

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Film und Buch

Gregs Tagebuch – Von Idioten umzingelt!

Ich habe mir Greg ganz anders vorgestellt“ so Testgucker Titus, ein großer Fan der Bücher, der natürliche schon alle vier Bände von Jeff Kinney verschlungen hat. Und mit ihm einig waren die übrigen Jungs im Alter zwischen 10 und 12 Jahren, die den Film vorab mit mir sehen durften. Irgendwie cooler hatten sie sich ihren Helden vorgestellt.

Die Abenteuer des Leinwand-Gregs fanden sie dennoch alle sehr gelungen. Was wohl daran liegt, dass dieser 11-Jährige weder Superheld noch Musterkind ist, sondern ein mittelmäßiger (normaler) Junge mit einem mittelmäßigem Leben, der ständig danach strebt – eben – cool zu sein.

Mit diesem Anti-Helden kann man sich super gut identifizieren, weil er die gleichen Probleme und Nöte hat, wie man selbst. Der Mix aus Cartoon und Prosa aus den Büchern wird auch auf der Leinwand Rechnung getragen. Die Filmemacher haben die realverfilmten Sequenzen mit Kinneys einfachen und genialen Zeichnungen unterteilt, während sie Jeffs Tagebucheinträge als Kommentar zur Handlung liefern. Somit bleibt das Comichafte der Buchvorlage erhalten. Nach dem Grauen des ersten Jahrs auf der weiterführenden Schule gehen Gregs (Buch)Abenteuer weiter. Mit dem offenen Ende des Films folgt sicher auch bald eine Leinwand Fortsetzung. Diese sollte allerdings bald ins Kino kommen, um die derzeitigen Greg-Fans noch zu erreichen.
Regie: Thor Freudenthal
Mit: Zachary Gordon, Robert Capron, Rachel Harris, Steve Zahn u.v.a.
Kinostart: 16. September
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung
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Familie-Erziehung-Beziehung Film und Buch

Kinderkino im Juli: Von Mädchen und Jungs

Freche Mädchen 2

Was „Sex and the City“ für die Mama ist, ist, „Freche Mädchen“ fürs Töchterlein. Über eine Million Besucher sahen die „Frechen Mädchen“ 2008 im Kino. Damit gehörte der Film, der jungen Mädchen zeigte, wie man einen Jungen angelt, zu den erfolgreichsten deutschen Streifen des Jahres. Mit fast unveränderter Besetzung sind sie nun wieder da, die frechen Mädchen.

Freche Mädchen 2

Mittlerweile besuchen Mila, Hanna, Kati & Co. die 9. Klasse der Gesamtschule Wuppertal. Vom schulischen Alltag ist in diesem Film allerdings kaum etwas zu sehen. Es geht vielmehr um das einzige, was hormongesteuerte Neuntklässler scheinbar im Kopf haben: das andere Geschlecht. Einen festen Freund haben die Mädchen inzwischen alle, doch damit ist es nicht getan. Er liebt mich, er liebt mich nicht – so könnte man die Handlung der Fortsetzung zusammenfassen. Dazwischen gibt es etwas DSDS-Feeling – Hanna übt fleißig, um ein Song im Studio aufzunehmen und die Jungs aus der Klasse rappen und beatboxen bei jeder Gelegenheit. Und etwas GNTM-Glamour darf auch nicht fehlen – Kati wird von einer Casting-Agentin entdeckt und für ein Mode-Shooting engagiert. Ganz klar:. Popstar, Model oder Rapper – welche anderen Ziele könnten Kids denn heute noch haben? Aber zurück zur Liebe: Mila liebt also Markus, Hanna liebt Branko und Kati liebt Tobi. Doch da ist auch noch Vanessa, die Markus sexy findet, Mila wird bei Antonys Mitternachts-Crèpes schwach und Kati schwärmt nach dem Shooting für Model Robert, der sogar schon einen eigenen Geländewagen fährt. Das Leben von 15-Jährigen ist nun mal ganz schön kompliziert! Am Ende ist die Pärchenkonstellation zwar wieder wie am Anfang doch vorher werden haufenweise SMSen versendet und jede Menge kleine Dramen gespielt und überstanden.
Ein Lichtblick in diesem Film ist die Klassenfahrt in eine bayrische Heidi-Idylle. Der Schulchor verbringt ein Hütten-Woche in den Alpen, um für die Jahresabschlussfeier zu proben. Hier blitzt Ironie durch wenn wir Szenen mit Heimatfilm-Romantik präsentiert bekommen, gepaart mit den Dialogen und das Gebärden heutiger Kids. Wenn der Berg ruft, dann nur weil es auf seinem Gipfel Handyempfang gibt. Armin Rohde als cholerischer Mathelehrer Rumpelstilzchen und Tom Gerhardt als verträumter Musiklehrer Nickel liefern einige der lustigsten Szenen des Films. Durch ihr streckenweises übertriebenes Chargieren erinnern die zwei Pädagogen an unvergessliche Lehrer-Typen aus der eigenen Schulzeit. So sehr man sie gehasst hat, am Ende haben sie einen doch gut getan. Und so ist einer der schönsten Szenen des Films die, in die der Chor das in den Bergen eingeübte Lied einstimmt. Da können Rapper, Hip-Hopper, seichte Poplieder-Trällernde einpacken.

Regie: Ute Wieland
Mit: Emilia Schüle, Selina Shirin Müller, Henriette Nagel, Christina Pfeifer, Barbara Schöneberger, Armin Rohde, Tom Gerhardt u.v.a.
Kinostart: verschoben auf den 05. August

Jungs bleiben Jungs

So erfolgreich wie die “Frechen Mädchen” hierzulande sind die “Beaux Gosses” – so der Originaltitel – in Frankreich. Über eine Million Zuschauer strömten in den ersten acht Wochen ins Kino, für den Film hagelte es Lob und Auszeichnungen. Regisseur Riad Sattouf, bis dahin eher als Comiczeichner bekannt, wurde für sein Debüt mit dem höchsten Filmpreis der Grande Nation, dem César ausgezeichnet, seine zwei (Laien)Hauptdarsteller erhielten den Lumière Preis. Was ist also dran an diesem Teenie-Streifen?

Hervé und Camel bleiben Jungs

Schule, Pubertät, erste Liebe – das sind die Themen des Films. Wie bei den Frechen Mädchen dreht sich auch bei diesen Jungs alles um das andere Geschlecht. Hervé und Camel, die 14-jährigen Hauptakteure, reden unentwegt schlau daher über Weiber und Sex, haben aber in Wirklichkeit keine Ahnung und trauen sich nicht einmal ein Mädchen anzusprechen, ohne in peinliches Stottern zu verfallen. Sattouf zeigt uns die Welt von Teenagern, die es nicht erwarten können, Erwachsen zu werden. Er führt uns die Peinlichkeiten und Demütigungen vor, die Jungs in diesem Alter erleiden, doch sein Blick bleibt stets liebevoll. Obwohl sehr viel masturbiert wird, und schon die Eröffnungsszene einen sehr expliziten Zungenkuss in Großformat zeigt, behält der Film eine gewisse Unschuld.
Aurore knutscht Hervé

Was diesen Film von der American-Pie-Ware aus Hollywood und auch von den Frechen Mädchen unterscheidet, ist dann auch seine Glaubwürdigkeit und seine Echtheit. weiter lesen hier …

Regie: Riad Sattouf
Mit: Vincent Lacoste, Anthony Sonigo, Alice Trémolieres, Noemie Lvovsky u.v.a.
Kinostart: 1. Juli