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Film und Buch

UnterdrĂŒckte dieser Welt, vereinigt euch! „MuxmĂ€uschenstill*“ von Jan Henrik Stahlberg

Vor 20 Jahren schrieb Jan Henrik Stahlberg bereits das Drehbuch zum ersten „MuxmĂ€uschenstill“-Film (Regie damals: Marcus Mittermeier) und schlĂŒpfte in die Hauptrolle des Herrn Mux, der Jagd auf ParksĂŒnder, Schwarzfahrer, Ladendiebe und Graffiti-SprĂŒher machte und sie zu besseren Menschen umerziehen wollte. In dieser Fortsetzung fĂŒhrt Stahlberg nun auch Regie und lĂ€sst seinen Mux erneut fĂŒr eine bessere Welt kĂ€mpfen. Nach einem schweren Unfall (er ist am Ende des ersten Films wohl doch nicht gestorben) liegt Mux jahrelang im Wachkoma. WĂ€hrend dieser Zeit formuliert er in Gedanken sein Manifest des Muxismus, in dem er alle aktuellen links-grĂŒnen Themen aufgreift. Grundeinkommen, faire Arbeitsbedingungen und Löhne, bezahlbare Mieten, Gendergerechtigkeit, Steuern fĂŒr Reiche. Die Liste der Ungerechtigkeiten, die der Neoliberalismus entfacht hat, ist lang, ein Richtungswechsel zwingend notwendig. Kaum aus dem Koma erwacht, beginnt er, mit seinem Manifest seine Ideen fĂŒr eine bessere Welt hinauszuposaunen. Doch seine Forderungen stoßen in der Großstadt weitgehend auf taube Ohren. Also begibt er sich in den strukturschwachen Osten, wo die Menschen empfĂ€nglicher fĂŒr radikale Ideen sind. Mit populistischen Mitteln und den PR-Tipps seiner Schwester Vera (Bettina Hoppe) gelingt es ihm, die Medien auf sich aufmerksam zu machen, eine kleine Gefolgschaft von AbgehĂ€ngten zu mobilisieren und jene, die Vermögen haben, durch Erpressung, Kidnapping und Ă€hnliche Methoden zum Spenden fĂŒr die Sache zu zwingen. Sogar ein bisschen Liebe ist im Spiel, als er die SĂ€ngerin Rike (Sophie Roeder) kennenlernt.

Stahlberg will mit seiner Satire nicht nur unterhalten, sondern die Zuschauer:innen aufrĂŒtteln, sich fĂŒr eine gerechtere Welt einzusetzen. Nicht zufĂ€llig startet der Film am 1. Mai, dem Tag der Arbeit und des Arbeitskampfes, und wird mit Sonderscreenings von AWO und DGB begleitet. Die vollstĂ€ndige Kritik lesen Sie HIER.

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Gesellschaft und Umwelt

Die deutsche Kolonialgeschichte und ihre Auswirkungen bis heute

Bereits nach den ersten Begegnungen von EuropĂ€ern mit nicht-weißen Menschen in den Amerikas im 15. Jahrhundert brachten die zurĂŒckkehrenden Konquistadoren ErzĂ€hlungen ĂŒber wilde, primitive Menschen nach Europa. Diese ErzĂ€hlungen fĂ€rbten die Bilder und Vorstellungen, die man sich in Europa von „wilden Eingeborenen“ machte, und trugen zur Entstehung rassistischer Denkweisen bei, die sich ĂŒber die Jahrhunderte hinweg verfestigten. Sie beeinflussten, wie 100 Jahre spĂ€ter mit Menschen aus Afrika zur Zeit des transatlantischen Sklavenhandels umgegangen wurde, nochmal 200 Jahre spĂ€ter mit Menschen in den Kolonien, und sie prĂ€gen bis heute den Umgang mit Menschen aus Afrika und Schwarzen Menschen im 21. Jahrhundert.

Der Begriff ‚Kolonie‘ kommt vom lateinischen Wort ‚colonia‘ und bedeutete in der Antike eine „Ansiedlung außerhalb des römischen BĂŒrgergebietes“[1]. In der Neuzeit entwickelte sich der Kolonialismus zu einem Unrechtsystem, das auf Ungleichheit und Rassismus basierte und systematisch und gewaltsam einheimische und indigene Bevölkerungen ausbeutete. Diese Art der Unterwerfung anderer Völker und Gebiete wurde im Laufe der letzten 500 Jahre von vielen europĂ€ischen Staaten praktiziert.

Als große ehemalige KolonialmĂ€chte gelten Frankreich und England, als „Entdecker“ und Eroberer neuer Welten portugiesische Seefahrer. Doch die neuzeitlichen AnfĂ€nge der kolonialen Expansion gingen tatsĂ€chlich von Deutschland aus – eine Tatsache, die gerne vergessen wird. Mitten in Deutschland, in Berlin, lud Reichskanzler Bismarck 1884/1885 zur Afrika-Konferenz (auch als Kongo-Konferenz bekannt) ein. Auf dieser Konferenz teilten die Staaten Europas den afrikanischen Kontinent wie eine Torte untereinander auf. Doch nicht nur Afrika, auch Teile Asiens und viele Inseln im Pazifik wurden zu Kolonien.[2]

Dabei hatte Bismarck ursprĂŒnglich kein Interesse an Kolonien. Er sah voraus, dass Kolonien langfristig zu Konflikten fĂŒhren wĂŒrden. Doch ihn drĂ€ngten mĂ€chtige Wirtschaftsvertreter der Zeit, die Zugang zu billigen Rohstoffen und Arbeiter*innen haben wollten. „So lange ich Reichskanzler bin, treiben wir keine Kolonialpolitik“[3], sagte Bismarck vor der Konferenz noch kategorisch. Bei der Konferenzeröffnung dann erklĂ€rte Bismarck, Ziel sei es, „den Eingeborenen Afrikas den Anschluß an die Zivilisation zu ermöglichen, indem das Innere dieses Kontinents fĂŒr den Handel erschlossen wird[4].

[1] Dudenredaktion 2020

[2] vgl. Baumgart 1992; Geiger/Melber 2021

[3] Otto von Bismarck 1881, zit. nach: Winfried Baumgart, Bismarcks Kolonialpolitik, in: Johannes Kunisch 1992, S. 141–153

[4] zit. nach: Gatter 1984

HIER können Sie eine PDF der Überblick-Ausgabe 1/25 herunterladen.

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Musik

Liz Wright im Savoy DĂŒsseldorf

Lizz Wright besingt die Natur

Leicht verspĂ€tet beginnt das Konzert im Savoy Theater am 14. MĂ€rz 2025. Doch das Publikum im komplett ausverkauften Saal ist geduldig. Als Lizz Wright endlich die BĂŒhne betritt, bricht frenetischer Beifall aus. In den letzten Jahren hat die SĂ€ngerin, deren DebĂŒtalbum „Salt“ sich 2003 auf Anhieb unter den Top-Ten der US-Jazz Charts platzierte, auch hierzulande eine große Fangemeinde gewonnen. Das erste Mal live in Deutschland zu hören war sie im April 2008. Seitdem ist sie mehrmals zurĂŒckgekehrt. 2011 trat sie auf dem JazzFest Berlin auf, auch 2012 tourte sie durch Deutschland. Ein Jahr spĂ€ter war sie im Vorprogramm von Gregory Porter unterwegs. Im Juli 2016 trat sie beim Jazzopen Stuttgart auf und 2019 sang sie auf dem Rudolfstadt Festival. Jetzt kam sie im MĂ€rz endlich auch nach DĂŒsseldorf.

…und spielt auch Klavier.

Bevor sie den ersten Song des Abends, ein Spiritual intoniert, wird’s kurz etwas politisch. In Anspielung auf den jĂŒngsten Ereignissen in den USA erklĂ€rt sie sich solidarisch mit den Menschen Kanadas, und fĂŒgt hinzu, dass sie dieses Land liebe, ein Land mit so viel Kultur und Natur. Sie wird an diesem Abend ein paar Songs von kanadischen Interpretinnen singen. Und die Natur wird dabei auch eine bedeutende Rolle spielen. Wie? Das können Sie auf melodiva.de weiterlesen.