Ich habe lange gezögert, ehe ich mich im August 2022 zu einer empfohlenen Hüft-OP durchgerungen habe, einer „Routine-OP“, bei der so gut wie nichts schiefgehen könne, hieß es, durch das Rapid Recovery Programm würde ich binnen weniger Tage entlassen werden und nach drei Wochen Reha „good to go“ sein. Heute, fast drei Jahre, mehrere Rehas und unzählige Stunden Physiotherapie später, kann ich mich zwar ohne Rollstuhl, Rollator oder Krücken bewegen, bin aber nun ein „Mensch mit Behinderung“. Was ist passiert?
Der Ischias-Nerv wurde bei der OP zerquetscht. Folge: Unterschenkel und Fußlähmung gepaart mit den schlimmsten Schmerzen, die ich je gehabt habe. Dagegen war die Geburt meines Sohnes ein Spaziergang. Medizinischer Name für die Nervenschmerzen: Polyneuropathie. Kunst- oder besser Behandlungsfehler nennt man das, was mir passiert ist. Laut Medizinischem Dienst (MD) wurden im Jahr 2023 fast 12.500 Verdachtsfälle gemeldet und fast 3.600 als Behandlungsfehler anerkannt. Aber das sind nur die gemeldeten Fälle, für die Gutachten erstellt wurden – ungeachtet der Dunkelziffer von Geschädigten, die keine Meldung machen, weil sie ohnehin keine Unterstützung durch ihre Krankenkassen oder vom MD erwarten. Denn selbst bei den gemeldeten Schäden werden 70% vom MD nicht als Behandlungsfehler anerkannt.
Dunkelziffer und Intransparenz
Einen erlittenen Schaden als Behandlungsfehler anerkannt zu bekommen, gleicht einer Zitterpartie. Die Geschädigten müssen nämlich nachweisen, dass ihr Schaden eine direkte Folge der Behandlung ist. Doch für Laien sind medizinische Sachverhalte schwer zu verstehen, wie sollen sie das nachweisen? Wo doch Krankenhäuser und Ärzt:innen, um Reputationsverluste zu vermeiden, intransparent agieren und über Kolleg:innen selten negative Gutachten verfasst werden. Ich hatte laut Gutachter einfach „Pech“. Ein schuldhaftes Handeln könne nicht nachgewiesen werden.
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